In letzter Zeit fahre ich wieder vermehrt mit dem Zug. Zugfahren war während meiner Kindheit und Jugend etwas ganz Normales und Alltägliches. Mein Vater war Bundesbahnbeamter und so waren meine Familie und ich im Genuß sogenannter Freifahrtscheine. Im Jahr standen acht (meinem Vater sogar 16) Freifahrten pro Familienmitglied zur Verfügung. Meist haben wir diese Freifahrten für Fernreisen genutzt; für Fahrten von Kleinkleckersdorf nach Hintertupfingen haben wir normale Fahrscheine gelöst, die aber um 50% vergünstigt waren. Tolle Zeiten waren das. Gut in Erinnerung sind mir Reisen in den alten Abteilwagen und den weniger beliebten Silberwagen, auf deren roten Kunstledersitzbänken man, trug man eine kurze Hose, mit der Haut der Beinrückseite kleben geblieben ist. Ich mochte den Geruch in den Zügen, es roch nach Eisen, nach Öl, eine Spur Zigarettenrauch. Einfach nach Eisenbahn. Mit Bestehen meiner Führerscheinprüfung und dem Kauf meines ersten klapprigen alten Autos geriet das Bahnfahren in der Bedeutungslosigkeit. Wozu sich unbequem in einen oft überfüllten Zug setzen, abhängig von einem Fahrplan, wenn es mit dem Auto deutlich einfacher, oft schneller und fast immer günstiger ging? Meine letzten Bahnfahrten absolvierte ich irgendwann Mitte der 90er Jahre. Damals hatte der Interregio den altehrwürdigen Schnellzug abgelöst und die ICE-Ära war eingeläutet worden.

Heute: Es gibt nur noch zwei Gattungen an Zügen: Fernzüge, immer weiß, entweder ICEs oder ICs und Regionalzüge, immer rot, Doppelstockzüge oder/und Triebwagen. Optisch also etwas eintönig. Außerdem fällt auf, dass sich die Innenräume der Regionalzüge kaum noch von den Innenräumen der Fernzüge unterscheiden und dass sich die 1. Klasse nur noch geringfügig von der 2. Klasse unterscheidet. Die 2. Klasse ist in den meisten Zügen, in denen ich in der letzten Zeit mitgefahren bin, hoffnungslos überfüllt, so dass ich dazu übergegangen bin, mir ein 1.-Klasse-Ticket zu kaufen. Bucht man einige Wochen im Voraus, dann ist das 1.- Klasse-Ticket oft nur geringfügig teurer als das 2.-Klasse-Ticket. Kurzfristig buchen ist hingegen immer teuer, vor allem in der 1. Klasse. Die Qualität der Speisewagen hat übrigens enorm abgenommen. In den ICEs sind die Speisewagen zu sterilen Bistros bzw. zu einem Verkaufskiosk verkommen. Was die Pünktlichkeit angeht, hatte ich bislang immer Glück: Meine Züge waren ausnahmslos und auf die Minute pünktlich, auch bei Fernreisen mit Umsteigen.